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Der Albtraum im Wachzustand

Viele Menschen leiden an Ein- und Durchschlafstörungen. Oft steckt eine Erkrankung dahinter, so Professor Dr. med. Sylvia Kotterba.

Im Schlaflabor: Professor Dr. Sylvia Kotterba wertet beim Schlaf der Patienten erhobene Daten aus.

Von Uwe Prins (Der Wecker)

Frage: Es ist ein richtig fieses Gefühl, abends im Bett zu liegen und nicht einschlafen zu können. Sozusagen ein Albtraum im Wachzustand. Was kann man in der Situation tun?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Liegenbleiben wird die Schlaflosigkeit verstärken – also: Das Bett verlassen, auch das Schlafzimmer. Es hilft dann, etwas zu tun, was entspannt. Lesen kann das zum Beispiel sein, oder auch Musik hören. Ins Bett sollte man erst wieder gehen, wenn die Müdigkeit kommt.

Frage: Ist es nicht einfacher, eine Schlaftablette einzuwerfen?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Schlafmittel machen mittelfristig abhängig und sollten nur in Krisensituationen kurzfristig genommen werden. Tagsüber sollte übrigens auf gar keinen Fall geschlafen werden, um nachts den Schlafdruck zu erhöhen. Und wer Probleme mit dem Einschlafen hat, kann es zunächst einmal mit einem Hausmittel versuchen: Warme Milch zum Beispiel stärkt die Schlafbereitschaft.

Frage: Gibt es weitere Tricks, Ein- und Durchschlafstörungen selber in den Griff zu bekommen?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Autogenes Training und Jakobson-Entspannungsübungen bieten sich an. Manchmal hilft es auch, den Schlafraum zu wechseln. Mit dem eigenen Schlafzimmer verbinden nämlich viele Betroffene den Gedanken, dass das Schlafen  wieder nicht funktionieren wird.

Frage: Wie lange soll man sich Einschlafstörungen antun? Wann ist der Arzt gefragt?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Vorübergehende Schlafstörungen sind in gewissen Situationen normal. Wer unter Prüfungsangst leidet oder Stress bei der Arbeit hat, der kann auch Probleme haben, einzuschlafen. Von einer Schlafstörung spricht man erst, wenn sie drei Monate lang täglich oder über sechs Monate immer mal wieder mit Unterbrechungen auftritt und die Tagesbefindlichkeit beeinträchtigt.

Frage: Wann ist eigentlich der Besuch eines Schlaflabors sinnvoll? Und wie bekommen Betroffene dort einen Platz?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Schlafstörungen müssen zuerst durch den Hausarzt abgeklärt werden, da es viele Erkrankungen gibt, die dieses Problem verursachen können. Der Hausarzt wird möglicherweise noch Fachärzte einschalten. Erst dann geht es in eine Schlafambulanz oder ins Schlaflabor. Eine Terminvergabe gibt es nur mit einer entsprechenden Einweisung – und wenn alle Unterlagen vom Arzt vorliegen. Die Wartezeit beträgt mehrere Monate.

Frage: Es gibt ja auch den sogenannten Sekundenschlaf, der vor allem auf den Straßen immer wieder zu schweren Unfällen führt. Welche Mittel und Wege gibt es, diese Blackouts zu verhindern?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Wichtig ist es, die Erkrankungen zu erkennen, die die Tagesschläfrigkeit verursachen. Ein müder Autofahrer darf sich nicht ans Steuer setzen, das wird genauso wie Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss bestraft. Die Unfälle geschehen meist auf monotonen Strecken und in der Nacht. Es ist ratsam, regelmäßig Pausen einzulegen. Und es ist sinnvoll, vorher einen Kaffee zu trinken: Das Koffein wirkt nämlich erst nach 15 Minuten.

Frage: Sind Berufskraftfahrer besonders gefährdet, was den Sekundenschlaf angeht?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Auf jeden Fall.  Berufskraftfahrer arbeiten ja sehr oft im Schichtdienst und haben daher einen unregelmäßigen Schlaf-Wachrhythmus.

Frage: Sind Menschen krank, die unter Sekundenschlaf leiden?

Prof. Dr. Sylvia Kotterba: Viele Menschen mit Sekundenschlaf leiden am sogenannten obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom. Bei einer Apnoe kommt es zu  Atemaussetzern in der Nacht. Hier ist eine Beatmungstherapie – Ärzte sprechen von der CPAP-Therapie – unbedingt notwendig.

 

*Professor Dr. Sylvia Kotterba, Fachärztin für Neurologie, Geriatrie, Palliativmedizin, Neurologische Intensivmedizin und Schlafmedizin, ist Chefärztin der Klinik für Geriatrie am Klinikum in Leer und leitet dort auch das Schlaflabor.